banse: Zwischen TikTok und Tagespraktikum – was gutes Ausbildungsmarketing 2025 leisten muss

Info von WVS Mitglied banse

Zwischen TikTok und Tagespraktikum – was gutes Ausbildungsmarketing 2025 leisten muss

Mit dem Ende der aktuellen Ausbildungssaison ist es Zeit, Bilanz zu ziehen – auch im Ausbildungsmarketing. Viele Ausbildungsverträge für das Jahr 2025 sind inzwischen unterzeichnet, die letzten Entscheidungen fallen in diesen Wochen. Gleichzeitig zeigt sich: Der klassische Bewerbungszyklus mit festen Zeitfenstern hat sich zunehmend aufgelöst. Neuverträge werden über das gesamte Jahr hinweg geschlossen – häufig auch noch im Mai, Juni oder darüber hinaus, wie auch aktuelle Beobachtungen der Handwerkskammer Münster bestätigen.

Diese Entwicklung stellt das Ausbildungsmarketing vor neue Herausforderungen. Es braucht mehr denn je Kontinuität, Flexibilität und eine kontinuierliche Reflexion darüber, wie und über welche Kanäle potenzielle Auszubildende erreicht werden können. Neben digitalen Plattformen wie TikTok, Instagram, Facebook oder Google spielen auch analoge Formate weiterhin eine Rolle – etwa Ausbildungsmessen, Berufsorientierungstage, Plakatwerbung oder klassische Anzeigen in regionalen Medien. Für Unternehmen wird es immer entscheidender, aus dieser Vielfalt die relevanten Kanäle gezielt auszuwählen und mit wirksamen Inhalten zu bespielen.

Wie groß diese Herausforderung tatsächlich ist, zeigt die Studie „Ausbildungsperspektiven 2024“ der Bertelsmann Stiftung. Sie macht deutlich: Nicht nur Unternehmen stehen vor einer immer komplexeren Kommunikationslandschaft – auch die Jugendlichen sind mit einer wachsenden Informationsflut konfrontiert. Zwar geben 76 % an, dass es grundsätzlich genügend Informationen zur Berufswahl gibt, gleichzeitig empfinden jedoch 56 % die Auswahl als unübersichtlich. Nur 24 % fühlen sich tatsächlich schlecht informiert oder können dazu keine Einschätzung abgeben.

Diese Zahlen unterstreichen: Es braucht nicht zwingend mehr Informationen, sondern besser strukturierte, verständlich aufbereitete und zielgruppengerechte Inhalte. Gerade bei einer wichtigen Lebensentscheidung wie der Berufswahl kommt es darauf an, klare Orientierung zu bieten. Unternehmen und Schulen tragen hier gemeinsam Verantwortung, Informationen nicht nur bereitzustellen, sondern auch niedrigschwellig, attraktiv und alltagsnah zu vermitteln.

Praktika als Türöffner: Wie direkte Einblicke die Ausbildungswahl beeinflussen

Die Studie zeigt deutlich: Praktische Erfahrungen sind das wichtigste Mittel zur Berufsorientierung. Ganze 62 % der Befragten bewerten mehrtägige Praktika (mindestens 1 Woche) als sehr wichtig, weitere 29 % als eher wichtig. Nur 9 %  sehen darin keine große Relevanz oder haben keine Meinung dazu.

Das ist eine Botschaft mit Signalwirkung. Denn obwohl Praktika ein wertvolles Instrument sind, bieten Unternehmen diese zu selten an – der Aufwand wird als Hürde wahrgenommen. Doch der Preis für diese Zurückhaltung ist hoch: Wer keine Einblicke ermöglicht, verliert potenzielle Auszubildende an sichtbarere Wettbewerber.

Und nicht nur klassische Praktika zählen: Auch Betriebsbesichtigungen, Tage der offenen Tür oder Praktikumstage werden von der Zielgruppe geschätzt. 50 % halten sie für sehr wichtig, 38 % für eher wichtig. Das zeigt: Es braucht nicht zwingend mehrwöchige Programme, auch kürzere Angebote können entscheidende Impulse geben. Es empfiehlt sich, die Maßnahmen strategisch zu planen und aktiv zu kommunizieren. Der persönliche Eindruck vor Ort zählt – und wird oft zum entscheidenden Bewerbungsgrund.

Zwischen Ausbildungsmessen und TikTok: Die Vielfalt der Informationsquellen richtig nutzen

Neben praktischen Erfahrungen spielen Informationsangebote in verschiedenster Form eine zentrale Rolle. Die Studie verdeutlicht:  Jugendliche nutzen eine breite Palette an Quellen, um sich zu orientieren – und bewerten diese ganz unterschiedlich in ihrer Relevanz.

Gespräche mit Menschen, Informationsveranstaltungen oder der Besuch von Ausbildungsmessen gehören nach wie vor zum festen Repertoire. Letztere bewerten 34 % als sehr wichtig, 43 % eher wichtig. Doch auch 23 % empfinden sie als wenig relevant. Das verdeutlicht: Messen sind kein Selbstläufer mehr. Sie müssen attraktiv gestaltet, digital flankiert und gezielt beworben werden.

Auch Azubi-Botschafter/innen im Unterricht gewinnen an Bedeutung. Der Austausch mit Gleichaltrigen ermöglicht authentische Einblicke und senkt Hemmschwellen.

Die digitalen Kanäle selbst spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle:

  • 39 % informieren sich über das Internet allgemein,
  • jeweils 12 % über Online-Tools und soziale Medien.

 

Zählt man diese Werte zusammen, wird deutlich, wie zentral die digitale Präsenz für das Ausbildungsmarketing heute ist. Hier genau wird eine Schwachstelle vieler Unternehmen deutlich: Studien weisen darauf hin, dass viele Betriebe immer noch auf den falschen Plattformen aktiv sind. Gerade TikTok wird oft ignoriert, obwohl dort mit gezielten Anzeigen und relevantem Content enorme Reichweiten erzielt werden können.

Wer Auszubildende gewinnen will, muss dort sichtbar sein, wo die Zielgruppe unterwegs ist – on- und offline, mit passender Ansprache.

Ausbildungsmarketing muss zwei separate Zielgruppen bedienen

Die Entscheidung für eine Ausbildung fällt selten allein. Die Ergebnisse der Studie zeigen klar: 75 % der jungen Menschen erhalten Unterstützung von ihren Eltern – die damit die wichtigste Einflussgröße im Orientierungsprozess darstellen, noch vor Freunden, Lehrkräften oder digitalen Kanälen.

Das bedeutet für Unternehmen: Ausbildungsmarketing darf nicht ausschließlich auf die Jugendlichen selbst ausgerichtet sein. Es muss zwei Zielgruppen parallel ansprechen – junge Menschen und ihre Eltern. Und das erfordert unterschiedliche Kommunikationsstrategien.

Jugendliche reagieren auf emotionale, visuelle Inhalte – etwa Videos, Storytelling oder Trendformate. Eltern hingegen suchen verlässliche, sachliche Informationen zu Themen wie Sicherheit, Perspektiven und Karrierewegen. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten – etwa bei Kurzarbeit und nach Insolvenzen – oder auch in kritischen Branchen, wie der Zuliefererindustrie, ist es entscheidend Vertrauen aufzubauen.

In der Kommunikationspsychologie lässt sich das grob in zwei Modi einteilen:

  • Die periphere Route, über die Jugendliche eher durch Emotion, Sympathie oder Relevanz angesprochen werden,
  • und die zentrale Route, bei der es – wie bei Eltern – um Inhalte, Argumente und Vertrauen geht.

 

Für Jugendliche funktioniert emotionales Storytelling, Behind-the-Scenes-Einblicke, und Trendformate, etwa auf TikTok oder Instagram Reels. Unternehmen sollten solche Videos unbedingt mit bezahlter Werbung steuern, da die Algorithmen ansonsten nur wenig regional die Inhalte verteilen, was zu einem Streuverlust führt und somit die Wirksamkeit der Maßnahme deutlich verringert.

Doch auch das beste Marketing hilft wenig, wenn die Realität im Unternehmen nicht überzeugt. Die Ausbildungszeit ist sensibel – sie braucht Strukturen und engagierte Ansprechpersonen.  Ausbildungsleiterinnen und Ausbildungsleiter sind Schlüsselpersonen, wenn es darum geht, junge Menschen erfolgreich durch ihre Ausbildung zu begleiten. Wer hier die falschen Personen einsetzt oder nicht genügend investiert, riskiert Frust, Abbrüche – und langfristige Imageschäden.

Denn die Realität ist: Laut einer weiteren Untersuchung der Bertelsmann Stiftung (Ausbildungsverlauf und Ausbildungsergebnisse) wird aktuell jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst. Das entspricht einer Abbruchquote von rund 25 %. Diese Zahl sollte wachrütteln – denn sie zeigt: Es reicht nicht, nur Auszubildende zu gewinnen. Es braucht ebenso Strukturen, Menschen und Prozesse, die sie binden, fördern und begleiten. Sonst verpuffen selbst die besten Marketingmaßnahmen – und man steht im nächsten Jahr erneut vor denselben Herausforderungen.

Dennoch bleibt eine Ausbildung ein attraktiver Weg. Die Untersuchung der Bertelsmannstiftung zeigt: 80 % der Schülerinnen und Schüler ziehen eine Ausbildung grundsätzlich in Betracht. Diese Offenheit ist ein bedeutendes Potenzial. Mit einer gezielten, realistischen und differenzierten Ansprache lässt sich Interesse wecken, Vertrauen aufbauen und Verlässlichkeit vermitteln – auf eine Weise, die sowohl Jugendliche als auch ihre Eltern erreicht.

Julian Banse

 

Kontaktdaten:

banse

Speditionstr. 2 | 40221 Düsseldorf
Neumarkt 1 | 49074 Osnabrück
Telefon: +49 211 92325650
Mail: info@banse.consulting
Internet: www.banse.consulting/de/

Mehr Neuigkeiten